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Das Meerschweinchen als Eisbrecher?


veröffentlicht am: 02. April 2018

Weder ist das Meerschweinchen ein Schwein aus dem Meer noch mit Eisbrecher das Spezialschiff gemeint, das in der Lage ist Eis zu brechen und so das Zufrieren von Schifffahrtsrouten verhindert. Und doch beschreibt dieses Bild eben genau das, was die tägliche Arbeit in der Jugendhilfe oft bedeutet: sich neue Wege zu den Klienten bahnen, dabei eisige Stimmungslagen durchbrechen sowie scheinbar unüberbrückbare Hindernisse überwinden und letztendlich dafür sorgen, dass diese Zugänge nicht wieder gefrieren.

Eisbrecher, also Kommunikationsmittel sind zum Beispiel geschickte, leicht zu beantwortende Fragen, die das Interesse des/der Befragten wecken und gleichzeitig zum gewünschten Thema hinführen. In der Pädagogik werden darüber hinaus Methoden wie Genogrammarbeit oder Partizipation sowie Spiel- und Sportangebote genutzt. Auch Takoda wendet diese bewährten Formen des Kommunikationsauf- und -ausbaus an. Als Erweiterung des voran genannten Repertoires, bedient sich unser Team neuerdings aber auch einer ergänzenden Methode – der tiergestützten Intervention.

Mit diesen Interventionen ist keine besondere pädagogische Ausrichtung gemeint, welche in ihrer Anwendung eine spezielle Zielgruppe anspricht, die wiederum einen besonderen Bedarf in unterschiedlichen Förderbereichen aufweist oder eine Tieraffinität voraussetzt. Vielmehr ist sie als neues zusätzliches Mittel gedacht oben genannter Problematik noch gerechter zu werden bzw. einen weiteren Ansatz zu dessen Lösung vorzuhalten. Ein weiterer Weg zum Ziel also …

Beispiel 1 – Wir bahnen uns unseren Weg zu den Kindern und Jugendlichen:
Tiere können ein völlig neutraler Eisbrecher im Beziehungsaufbau sein. Der Klient sieht wie positiv mit einem Tier umgegangen wird und assoziiert einen wohlwollenden Charakter des Pädagogen. Über das Tier kommt man schnell ins Gespräch ohne dabei dem Klienten das Gefühl zu vermitteln, seine Hilfebedürftigkeit ist alleiniger Anlass für ebendieses. Man schafft einen vollkommen neuen Zugang zu den zu betreuenden Personen. Das Tier selbst ist völlig wertfrei und neutral den zu betreuenden Personen gegenüber. Als Hilfeempfänger die Sicherheit zu haben, nicht bewertet werden zu können, hat zur Folge, dass Unsicherheiten sowie Ängste gemindert werden. Tiere werden sozusagen als „soziale Katalysatoren“ eingesetzt, denn allein die Anwesenheit eines Tieres und das damit verbundene Gefühl einer Situation nicht allein ausgesetzt zu sein, reduzieren beim Menschen nachweislich Stress und Angst.

Beispiel 2 – Wir stellen uns Herausforderungen und überwinden Hindernisse:
Durch die bloße Beobachtung von Tieren (speziell von Herden- oder Fluchttieren) kann die Brücke zu eigenen sozialen Verhaltensweisen geschlagen werden und auf eine Art veranschaulicht werden, wie es mit dem gesprochenen Wort nicht denkbar wäre. Die Tiere fungieren als Spiegel des eigenen Verhaltens. Sollte eine zu betreuende Person beispielsweise durch Übergriffe gegenüber Geschwistern auffällig geworden sein, könnte man diese beispielsweise in Kontakt mit Fluchttieren bringen. Der zu betreuenden Person wird es nicht gelingen dem Tier nahe zu kommen, wenn es das an Bruder oder Schwester praktizierte Verhalten auch am Tier anwendet. Im Gegenteil, um das Tier berühren zu dürfen, muss die zu betreuende Person sich selbst reflektieren, sich auf sein tierisches Gegenüber einlassen und sein/ihr Verhalten entsprechend anpassen.

Beispiel 3 – Wir halten den Weg zu unseren Kindern und Jugendlichen „eisfrei“:
Eine tiergestützte Intervention kann darüber hinaus so angewandt werden, dass die zu betreuende Person mit einem kränkelnden oder älteren Tier samt entsprechender Begleiterscheinungen in Kontakt gebracht wird. Die zu betreuende Person, welche sich normalerweise in der Rolle des Versorgten befindet, kommt somit plötzlich in die Rolle des Versorgers. Die Person erkennt, dass es dem Tier nicht besonders gut geht und dieses ebenso auf Hilfe angewiesen ist, wie die zu betreuende Person selbst. Die Hilfestellung für das Tier, kann nun aber eine Person erbringen, die durch herkömmliche Methoden nicht so einfach in eine Versorgerrolle hätte gebracht werden können. Tiere können außerdem als Positiv-Verstärker eingesetzt werden: Hat eine zu betreuende Person den Wunsch zu einer ganz bestimmten Tierart oder zu einem ganz bestimmten Tier Kontakt zu haben, kann dies als Belohnung eingesetzt werden.

Fazit:
Die vermeintlich problematischen Verhaltensmuster der zu betreuenden Personen können mit Hilfe tiergestützter Interventionen, wie hier beispielhaft aufgeführt, durchbrochen werden und die tägliche Arbeit erleichtern. Unsere bisher angewandten Methoden werden nicht durch tiergestützte Interventionen ersetzt, sondern um diese erweitert und unser Portfolio dadurch optimiert. Den zu betreuenden Personen können mit einfachsten Mitteln theoretisch vermittelte Vorstellungen praktisch erfahrbar und somit begreifbar gemacht werden. Takoda nutzt dieses Potential, um mit dem sich ständig verändernden Kreis der zu betreuenden Personen besser interagieren zu können.

Allein der Aspekt der Verantwortungsübernahme, sich kümmern zu müssen, zu versorgen, sich empathisch einzulassen, wahrzunehmen und sich selbst zu reflektieren sind allesamt nur wenige Beispiele einer Vielfalt von Möglichkeiten der tiergestützten Interventionen. Das Tier wird zum Medium, um eine gewünschte Verhaltensänderung oder Auseinandersetzung mit einem Defizit herbeizuführen. Die tiergestützten Interventionen lassen sich gezielt anwenden, indem der Pädagoge eine Situation, welche aus fachlicher Sicht den gewünschten Effekt (wie zuvor beschrieben) herbeiführt, entstehen lässt. Eine große Artenvielfalt hilft dabei individuellen Bedürfnissen gerecht werden zu können. Nicht im Geringsten ist für die Durchführung dieser Methode also ein besonderer Bedarf geschweige denn eine Affinität für Tiere Voraussetzung.

Unter tiergestützten Interventionen verstehen wir außerdem nicht ausschließlich den Kontakt zu den Tieren, sondern auch damit im Zusammenhang stehende Projekte wie z.B. Gestaltung von Gehegen, Futtersuche und damit einhergehend das Kennenlernen der Natur, spielerische Erfahrung und Wissenserweiterung rund um das Thema Tier und Natur etc..